Polizeialltag
Die Jahre vergingen.
Zwischen dem Schichtdienst tanzte ich und wenn ich nicht tanzte, war ich bei der Arbeit.
Ich hatte erste Festnahmen.
Es frustrierte mich, wenn man stundenlang mit einem Fall beschäftigt war und alles dafür tat, die Sache dingfest zu machen.
Auf Nachfrage erfuhr man später, dass der Richter bei der Vorführung die Person wieder hatte gehen lassen.
Das konnte ich nicht verstehen.
„Claudia, wenn Du Dich darüber ärgerst, wirst Du mit einem Magengeschwür enden.“ waren Sätze, die ich von meinen Vorgesetzten hörte.
Langsam wurde mir klar, dass ich die Welt durch meinen Einsatz nicht verbessern kann.
Dazu kam, dass wir in Situationen gerieten, in der uns ausländische Mitbürger auslachten: „Was soll uns in Deutschland schon passieren? Kriege ich eine Anzeige? Dann schreiben sie doch eine Anzeige.“
Je öfter ich in Situationen geriet, die unangenehm waren, desto mehr stumpfte ich ab.
Aber ich funktionierte und machte meine Arbeit gut.
Ich hatte meine festen Streifenpartner und die Stimmung in unserer Schicht und auf der Dienststelle war damals gut.
Durch meine Empathie fühlte ich mich besonders den Opfern zugewandt.
Ob es nun häusliche Gewalt war oder das Überbringen von Todesnachrichten – bevor ich einige unserer Kollegen in ihrer feinfühligen Art mit den Opfern sprechen ließ oder sie womöglich Eltern mitteilten, dass ihr Sohn gerade tödlich verunglückt ist – da biss ich lieber in den sauren Apfel und übernahm das selbst.
Die Gewalt uns gegenüber nahm zu.
Aus einfachen Ruhestörungen wurden Widerstände gegen Vollstreckungsbeamte.
Das war keine Seltenheit.
Ich erinnere mich an eine Ruhestörung, wo wir mit 3 Streifenwagen und 8 Beamten waren.
Die feiernde Gesellschaft schloss sich zusammen und ging gemeinsam auf uns los.
Streifenwagen wurden beschädigt, es wurde mit Flaschen auf uns geworfen und wir mussten den Rückzug angehen, damit niemand ernsthaft verletzt wird.
Bei der Gerichtsverhandlung dazu wurden dem Haupttäter Arbeitsstunden aufgedrückt.
Das war nicht mein Rechtsverständnis.
Ich hatte danach ein Telefonat mit dem Richter und bat ihn, doch mal eine Nacht mit uns auf dem Streifenwagen zu sitzen und das mitzumachen.
Natürlich passierte das nicht.